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Ausstellung Terra dos Rios

Eine Reise in die Flussmündung des Amazonas - vom 24.08. bis zum 01.09.2009

Datum
10.10.2009 bis 14.11.2009
Ort
Galerie ARAUCO
Trödelmarkt 13
90403 Nürnberg

Impressionen

Auf Einladung des brasilianischen Künstlers Werley de Souza Oliveira, der bereits in der Arauco Galerie ausgestellt hat, erlebten 10 europäische Künstler hautnah, was es bedeutet, von Wassern umgeben zu sein, wie Wasser mit seinen Gezeiten bis 200 km flussaufwärts den Rhythmus des Lebens seiner Anrainer bestimmt... wie der Fluss das einzige Verkehrssystem ist, wie er zugleich Nahrungs- und Überlebensmöglichkeiten bietet und wie dem Fluss andererseits die heutigen Menschen sehr häufig brutale Wunden schlagen durch Verschmutzung und achtlose Ausbeutung seiner Ressourcen (Quecksilber zur Goldgewinnung).

Ungewöhnlich war diese Reise und geprägt von starken Erlebnissen, die sich in Reiseskizzen und Fotos, Fotocollagen und Objekten in dieser Ausstellung in der Galerie ARAUCO niedergeschlagen haben. Werley, unser brasilianischer Künstlerfreund ist stellvertretend für seine brasilianischen Kollegen, die uns begleitet haben, mit einer Arbeit dabei.

Gäste:
- Gerlinde Pistner
- Werley de Souza Oliveira
- Ana Cristina Mendes

Eine Reise im "Land der Flüsse"

Der deutsch-brasilianische Künstler-Förderverein Ponte Cultura, mit Sitz in Nürnberg feiert im nächsten Jahr sein zwanzigjähriges Bestehen. Unter der Leitung der Künstlerin Marianne Stueve kommen seit den Anfängen Künstler aus Brasilien und Europa zusammen, um gemeinsam zu arbeiten, Ideen auszutauschen, die Sicht des Anderen verstehen und achten zu lernen. Solche Treffen stehen immer unter einem Thema, das in Workshops aufgegriffen und durch Referate, Diskussionen und Erlebnisse/Erfahrungen vermittelt wird.

Ein solcher Workshop wurde nun in diesem Jahr in dem brasilianischen Staat Pará durchgeführt. Das vorgegebene Thema "Wasser", das die eingeladenen Künstler schon seit Beginn des letzten Jahres beschäftigt, sollte nun in dem wasserreichen "Land der Flüsse" nicht allein als Begriff verstanden, sondern als Element der Natur erlebt werden.
Die Künstlerkollegen aus Belém hatten zu diesem Zweck ein Schiff gemietet, eine typische "Gaiola amazônica", wie sie zu Dutzenden auf den Flüssen der Region zu sehen sind. Was die Kollegen aus Belém damit geplant hatten, war eine Fahrt auf den Wogen des großen Flusses der sich hier zu einem Delta mit hunderten von kleinen und größeren Inseln weitet.
Los ging die Fahrt von Belém, der Hauptstadt des Staates Pará. Diese Stadt liegt am Rio Guamá, einem der unzähligen Zuflüsse des Amazonasdeltas. Mit einer Einwohnerzahl von 1, 4 Millionen ist Belém nach Manaus die zweitgrößte Stadt der Nordregion Brasiliens.

Das Schiff erwartete uns am 26. August abends. Nach einer ersten Nacht in Hängematten - für die meisten von uns ein ungewohntes Schlafen - vor Anker in einem Yachtclub von Belém, wurde am nächsten Morgen um fünf Uhr der Motor angeworfen und los ging die Fahrt in Richtung Osten. Das monotone Geräusch des Schiffsmotors, das von nun an unsere Geräuschkulisse darstellte, wurde nach kurzer Zeit durch einen gänzlich anderen Lärm, den wir nicht zu identifizieren wussten, verstärkt. Der Kapitän wies auf eine kleine Insel vor uns - die Papageieninsel - wo in den Bäumen tausende von Papageien saßen, die alle schrien und dann irgendwann wie auf einen Befehl aufflogen und einige Runden unter ebenfalls lautem Geschrei drehten um sich nach einigen Minuten wieder schlagartig in den Baumkronen festzusetzen. Dieses Schauspiel wiederholte sich noch mehrere Male. Auf einmal war wieder nur das gleichmäßige Geräusch des Motors zu hören.

Weiter ging es. Vorbei an Inseln, kleinen und großen, die meisten bewohnt, aber alle noch mit Wald oder wenigstens Bäumen bestanden. Wo keine Inseln waren, weitete sich die Wasserfläche bis zum Horizont. Überall, soweit das Auge reichte Wasser. Dazu kamen von allen Seiten noch breite Zuflüsse. Das Land der Flüsse, hier wurde einem klar woher der Name kam.

Unter den angelaufenen Inseln befand sich auch die Insel Marajó. Auf dieser Insel entwickelte sich ab 3000 v. Chr. eine Reihe von Kulturen, die um 500 AD in die Marajoara-Kultur mündete. Diese wurde bekannt durch ihre hochentwickelte Keramik, ihre Tesos (künstliche Erhöhungen, die als Plattformen gegen die periodischen Überschwemmungen dienten) und, daraus zu schließen, komplexe Sozialstrukturen.
Diese Insel, die größte Flussinsel der Welt, wurde an einem Fischerdorf, Ponta de Pedra, angelaufen. Attraktion des Ortes ist der Fischmarkt. So viele Fischarten und in so unglaublichen Mengen. Beeindruckend. Ein weiterer Ort auf der Ilha de Marajó war Muaná, wo wir des Abends bei der Jugend des Ortes großen Erfolg hatten mit der Aufführung eines Bauchladentheaters. Mit ganz einfachen Dingen wie Lappen, Klosettpapier, Sichel und ähnlichem stellte einer der Männer Figuren her, die untereinander interagierten und sich durch Geschrei und Geflüster verständigten.
Am Rio Tocantins besuchten wir Abaetuba, eine Stadt, so könnte man meinen, die fast nur auf den täglichen Markt spezialisiert ist. Auf diesem Markt findet man echt alles, was ein Mensch (ein Mensch dieser Region) zu seinem Wohlbefinden braucht und auch was er nicht braucht. Ein kleiner, gelb und schwarz gefiederter Vogel, zum Beispiel, eingesperrt in einen Käfig, ist für den Menschen total unnötig. Trotzdem wäre er wahrscheinlich gekauft worden. Für 20 Reais wurde er angeboten. Eine der Künstlerinnen, Claudia, kaufte den kleinen Piepmatz und öffnete das Türchen seines Gefängnisses. Der kleine Vogel brauchte eine Weile bis er begriffen hatte, dass er frei fliegen konnte. Dann aber schlug er seine kleinen Flügel so schnell er konnte und flog schnurstracks zu den Bäumen des Waldes, die hinter dem Haus stehen.
An verschiedenen Stellen des Tocantins und Acarás besuchten wir Hersteller von -unter anderem - Spielzeug, Keramik und Cachaça. An geeigneten Stränden wurde gebadet und das Wasser sozusagen ganz hautnah wahrgenommen.
Aber auch von seiner weniger positiven Seite zeigte sich das Wasser.
Eine stürmische Nacht mit hohem Wellengang und nasskalten Windböen versetzte alle in helle Aufregung.
Am nächsten Morgen schien dann wieder die Sonne und die schreckliche Nacht war bald vergessen.

Am 30. August kehrten wir zurück nach Belém und am 2.September hieß es Abschied nehmen.
Vor der Schiffsreise im Amazonasdelta verbrachten wir mehrere Tage auf der Art Fazeanda der Künstlerin Izer Campos in der Nähe des kleinen Ortes Castanhal,
ca. 90 km entfernt von Belém do Pará. Izer verstand es, das ganze Anwesen in ein Pflanzenparadies zu verwandeln: Hier stehen leuchtend gelbe und orangerote Helionten neben blühenden Büschen und Bäumen und wachsen Orchideen und Bromelien in allen möglichen Formen und Farben und hier reiht sich ein kleiner See lieblich ein in die grüne Pflanzenpracht. In seinem glasklaren Wasser konnte man herrlich schwimmen. An seinem Ufer unter freiem Himmelszelt verbrachten wir an zwei Abenden Stunden der Stille oder hörten die Musik einer Gitarre.

In drei offenen Hallen, unter hohen Dächern hat Izer Platz geschaffen für alle erdenklichen Aktivitäten. Hier wird gemalt, geschnitzt, geformt, geredet, gegessen und getanzt. Hier ist Schutz vor allzu starker Sonneneinstrahlung und Regen und Sturm und hier findet sich immer jemand, mit dem man reden kann. Die Arbeitstage vom 22. bis zum26. August verbrachten wir zum großen Teil in einer dieser Hallen. Die Künstler hatten hier Gelegenheit, von dem reichen Sagenschatz, der sich um den Fluss rankt, zu hören oder durch ein Referat und Diskussionen über Details um das Wasser aufgeklärt zu werden.
In Belém selbst, im Espaço Cultural do Banco da Amazônia, fand als Auftakt, gleich zu Anfang des Treffens, am 21. August, die Vernissage einer Ausstellung statt, die Werke aller an dem Workshop beteiligten Künstler präsentierte.
All die Unternehmungen, Erlebnisse und Eindrücke dieser Tage auf den Gewässern des großen Flusses und seiner Zuflüsse sowie die unvergesslichen Tage auf der Art Fazenda in tropischer Natur lassen bedeutende weitere Arbeiten um das Thema Wasser erwarten.

Dr. Inge Thieme

Künstler

Presseartikel

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