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Ausstellung Tangoszenarien

Datum
03.02.2007 bis 14.04.2007
Ort
Galerie ARAUCO
Trödelmarkt 13
90403 Nürnberg

Impressionen

Sabine Bazans Bilder sind "traumhafte" Momentaufnahmen aus der Welt des "lateinamerikanischen Blues".
Sie zeigen Machos, Tangomiezen und nächtliche Sternenhimmel.
Sie handeln von Sehnsucht, Verlangen und Melancholie.

Erhältlich sind die "Tangoszenarien" auch als Bild- und Gedichtband:
Dime que me quieres - Sag mir, dass du mich liebst
56 Seiten, handsigniert.
Texte von Rosa Elena Maldonado.

Die Rose ist eine Rose

Zur Melancholie des Tangos

Es ist nicht viel
eine Handvoll vielleicht an Dingen des Seins
ein Bandoneon
eine gestreifte Hose mit Macho drin
die Frau, meistens zu zweit
die Tiefe des Himmels
das Geländer

und dann die Lust und
die Verlockungen:
die Nacktheit
(Kurven, die sich selbst
im Unendlichen nicht treffen wollen)
und der Schwung
des Bandoneons (und seines Klangs)
der Schwung der Lippen
selbst der Augenbrauen
und die Flüchtigkeit
eines Dufts

womit wir bei der Rose wären
deren Duft das wichtigste
gar nicht ist an einer Rose

Und da erzählt mir Sabine Bazan, sie könne keine oder nur wenig Melancholie im Tango finden! Braucht sie auch nicht. Tut sie auch nicht. Die Tango-Melancholie ist so tief in ihrem Stil verwurzelt, dass sie es gar nicht nötig hat, danach zu suchen. Wie sehr sie ihr doch verhaftet ist, dieser Form des Seins, diesem lateinamerikanischen Blues! Dieses Da-Sein, diese Einstellung springt einen an - wenn denn Melancholie Sprünge zuläßt. Na ja, sie schreitet einem entgegen. Mit jedem Schritt wieder einen Schritt näher dem Ende, näher dem letzten Ton. O Augenblick verweile! Sollte schon wieder alles zu Ende sein? - Dann rettet der Schlaf der Tänzerin es wenigstens noch in den Traum hinüber. Sie reitet auf dem lateinamerikanischen Tiger, in Träumen hängend - denn alle Lust will Ewigkeit.

Zu zweit sagte ich, mit sich selbst (beschäftigt). Mit ihrer Sehnsucht nach Fast-Erfüllung und mit ihrem Körper. Das sind die zwei, die es braucht für die Daseinsform des Tanzes. Die zunächst eine einsame Daseinsform ist, bis der Tanz zu einer gesellschaftlichen Form wird, wenn nicht gar zu einer gesellschaftsfähigen Inszenierung von Lust und Schmerz. Aber so ist das Tango-Leben: Die Tanzenden möchten jeden Schritt immer wieder hinauszögern, am liebsten in Posen erstarren. Und dazu brauchen sie den Partner, um in der Balance gehalten zu werden - als ein Geländer des Seins für die langsamsten, schleppendsten Bewegungen. Doch schon erzwingt die Musik den raschen Wechsel, den Wirbel, mit dem sich die Tanzenden voneinander lösen. Und das ist auch der Fluch: immer der letzte Akkord.

Die Tänzer sind dann wieder alleine für sich, wie der einsame Seiltänzer. Unter ihm das Getümmel des Jahrmarkts, über ihm die Tiefe des Sternenhimmels. Aber auch die Lust und der Körper, Bandoneonspieler und Frau, Endlichkeit und Musik, vereinzeln sich wie die Gestirne der Nacht des Universums Sabine Bazans. In diesem Universum kann die Musik immer wieder gespielt und der Tango immer wieder getanzt werden, wenn sie auch nicht wiederholbar sind. Naiv und scheinbar absichtslos sind die Dinge in einem lockeren lustvollen Spiel für sich versunken, ohne ihre Bodenhaftung zu verlieren. Und mit dieser ehrlichen Offenheit necken sie frivol die Augen des Betrachters, des Voyeurs. Ein doppeltes Spiel von Lust und Sein, Mann und Frau, Gesang und Tanz.

Und dann war da noch die Sache mit der Rose. Die Rose, gegen deren Stachel gekehrt sich die Brust der sorglos singenden Nachtigall hebt und senkt. Das ist vielleicht zu romantisch nachgedacht. Aber so ist die Rose eben, auch die Rose des Tangos, egal ob sie zwischen den Zähnen getragen wird oder im Haar, oder als Geländer sich räkelt am Balkon.

Michael Lösel

Künstler

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